Schubert-Oper "Fierrabras" - Studenten auf der Bühne

Junge starke Stimmen

Aachen (an-o). Das Karlsjahr in Aachen hat auch das Theater besetzt: Kurz nach Clinton, knapp vor der "Krönungen"-Ausstellung, steht der Kaiser leibhaftig auf der Bühne. Eine Kooperation von Theater und Musikhochschule bot "Fierrabras", Schuberts abendfüllende Oper in drei Akten.

Die Inszenierung erhielt Sonntagabend herzlichen Applaus. Selten aufgeführt, eher unbekannt, lang und inhaltlich umfassend - derlei Vorgaben prägten die Erwartungshaltung mancher Opernbesucher nicht aufs Beste. Dazu die erst wachsende Professionalität; immerhin hat das Land Nordrhein-Westfalen Fördergelder bereit gestellt ebenso wie die Sparkasse Aachen.

Doch alle Skeptiker lehrt der gute Franz Schubert bald, dass die Musik alleine in der Oper das Wichtigste sei - wichtiger als jede Inszenierung und die Bühne. Mit musikalischen Pfunden wuchert der deutsche Liedkomponist vom ersten Takt der Ouvertüre an. Eine Oper Marke Schubert ist nicht mit den klassischen italienischen zu vergleichen - große Passagen sind sinfonischen Zuschnitts, dann wieder ertönt feine Kammermusik. Wer die Arien hört, denkt an Lieder und ist bezaubert von den wunderbaren Weisen. "In tief bewegter Brust regt sich ein leises Sehnen" - Lied des Fierrabras und Leitmotiv dieses Spiels um kontinentale Völkerverständigung im achten Jahrhundert vor, verworrene Herzen und Liebesleid.

Riss zwischen den Welten

Der Theaterraum skizziert den Riss zwischen den Welten - links sind die Franken platziert, rechts die Mauren - der die Bühnenräume definiert. Plakativ in die Höhe gebaut sind die Aktionsbereiche: Oben links steht folgerichtig Karls Thron, rechts unten weinen die maurischen Frauen. Angehende Designer schufen mit Professorin Christine Maether die Bühne, die unterhalb von anspruchsvollen Projektionen (Fotos: Sabine Rother, Pit Siebigs) naturalistisch ausstaffiert ist.

Eine letztlich unentschiedene Formensprache, die die starken Motive aus der karolingischen und der maurischen Ikonographie verschleudert. Kein zeitgemäßer Beitrag. Junge Sinfoniker hingegen müssen nicht innovativ sein, sondern richtig und gut spielen. Das taten sie hoch professionell. Unter der Leitung von Herbert Görtz lieferte das Orchester ausgezeichnete Leistungen, abgesehen von Winzigkeiten.

Auch die Chöre, die für die anspruchsvollen Aufzüge Gesangsstudenten mit dem Männerquartett "Harmonie" und "ars cantandi" vereinigten, waren bestens präpariert. Dass das Lied "Oh treues Vaterland" musikalisch misslang, lässt sich beklagen, aber beheben, da man die schwierige Stimmführung noch einmal üben kann. Dass die Regie es verpasste, dieses unterschwellig deutschtümelnde Lied in einen abstrakten Kontext zu setzen, tut weh und sollte nachkorrigiert werden. Vor allem, um den herzlichen Applaus alleine den Sängern zukommen zu lassen.

Gut besetzt

Josef Protschka, Sänger, Dekan und Dozent an der Musikhochschule Aachen, hat das opulente Werk überhaupt recht bieder und statisch in Szene gesetzt. Er hat allerdings dafür gesorgt, dass sich die Stimmen entfalten können. Und mit Zuhilfenahme von jungen Absolventen gut besetzt - bis auf Gregor Josephs, der den Kaiser Karl darstellt, und nicht bis zum Ohr der Zuhörer vorzudringen vermag.

Musikalisch tief bewegend geriet der Abend dank der starken Stimmen von jungen Talenten: Frenetischer Beifall entbrandete zu Recht für die Japanerin Akiko Ito (Karls Tochter Emma), kaum weniger für den Tenor Thomas Kuckler (Eginhard) und Kirsten Obelgönner (Florinda). Den "Fierrabras" sang Michael Ende schön, doch allzu stürmisch und mit leisem Zungenfehler; die satte Stimme von Mun-Soo Kim leidet ebenso wie die von Tae-Hoon Jeong an Textundeutlichkeit.

Mit großer Professionalität und Schönklang war das Theater drei Stunden durchflutet. Eine riesige Leistung, die vielen Ansporn darstellt und für die es entsprechenden Applaus gab.

Weitere Termine

Die nächsten Aufführungen: 7., 11. und 15. Juni, jeweils 19.30 Uhr im Theater Aachen.
Karten-Telefon: (0241) 4784-244.

Annette Bosetti

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