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«Lange Chornacht»: Fantastisches Ende der Chorbiennale
Von Andreas
Steindl / 14.06.2009, 16:30
Aachen.
Mit
großen Augen stand Generalmusikdirektor Marcus R. Bosch vor der
Aula Carolina. Gerade waren die letzten Töne von Carl Orffs weltberühmter
«Carmina Burana» verstummt, gesungen aus 150 Kehlen des Sinfonischen
Chors, Nota Bene sowie des Kinderchors des Theater Aachens.
Bis auf die
Pontstraße hinaus standen die Menschen, um wenigstens etwas von der Musik
mitzubekommen. «Ich bin einfach überwältigt von diesem Zuspruch, damit
hätte ich niemals gerechnet» stellt Bosch freudig fest. Und tatsächlich
war das Bild an allen fünf Veranstaltungsorten gleich: neben der Aula
Carolina wurde auch in St. Nikolaus, der Annakirche, St. Follian sowie auf
der Freiluftbühne Hof jeweils vor vollem Haus gesungen. Überall drängten
die Musikbegeisterten bis in die letzten Winkel der Räumlichkeiten. Überall
wurden die Darbietungen andächtig verfolgt und anschließend mit viel
Applaus belohnt.
Überall
blickte man bei der «Langen Chornacht», der Abschlussveranstaltung der
«Internationalen Chorbiennale, in glückliche Gesichter. Tausende
Menschen zogen von Bühne zu Bühne.
Dabei
wurden auch musikalische Experimente gewagt: ausgerechnet die Jüngsten
vom Eupener Knabenchor sangen «Männer» von Herbert Grönemeyer oder «O
du eselhafter Martin», was der ebenfalls von Dieter Gillessen geleitete Heinrich-Schütz-Chor
mit Mendelssohns «Richte mich Gott» konterte. Gemeinsam stimmte dann
Jung und Alt Verdis «Va pensiero» aus der Oper Nabucco an, ein Moment,
der bei einigen für Gänsehaut sorgte.
Wärend es
in der Aula Carolina eher weltlich unterhaltsam zuging, war in St.
Nikolaus vornehmlich Gospel zu hören. In der Annakirche ging es dagegen
eher klassisch zu, während St. Follian für die geistige Musik reserviert
war. Eine bunte Mischung war dagegen am Hof zu hören. Die Anzahl der Sänger
variierte stark, der kleinste Chor zählte gerade sechs Aktive (Schola
Maastricht).
Immer
wieder begegnete man an diesem Abend zwischen Markt und Münsterplatz
Menschen mit dem Programmflyer. Immerhin 8.000 Stück gab es davon «aber
die wurden uns alle aus den Händen gerissen» staunt Ansgar Menze,
Projektleiter der Chorbiennale.
Überhaupt
sieht man Menze an diesem Abend überall. Auf dem Hof wurde noch ein
Notenständer gebraucht, in der Aula Carolina muss noch ein Klavier an den
rechten Platz gerückt werden. Immer ist Menze helfend mittendrin. Auf die
große Resonanz angesprochen, ist dem gebürtigen Paderborner nur ein «da
kann man nicht meckern» zu entlocken.
Auch
Sopranistin Jolanta Kosira strahlte in ihrem prächtigen Abendkleid: «Das
war heute etwas besonderes für mich, es hat unglaublich viel Spaß
gemacht.»
Den hatten auch die drei Studentinnen Brigitte, Katha und Katrin, die sich
besonders freuten, dass alle Veranstaltungen der langen Chornacht
kostenlos angeboten wurden. Da fiel es den jungen Frauen umso leichter,
ein paar Münzen in die Sammelboxen an den Ausgängen zu geben. Und da
fand sich nicht nur Hartgeld wieder, viele honorierten großzügig das
Gebotene mit Scheinen. Nicht nur mit Scheinen, sondern mit viel Applaus
honorierten die Hörer die Darbietungen der vier Aachener Initiativ-Chöre
«Carmina Mundi», «Junger Chor», «Madrigalchor» und der «Aachener
Kammerchor».
Die
gesammelten Geldspenden bilden übrigens nur einen kleinen Teil der
Gesamtfinanzierung. Die kommt teilweise aus Fördermitteln des Landes NRW
und des LVR sowie einigen Sponsoren aus der Wirtschaft. «Sponsoren bei
der derzeitigen Wirtschaftslage zu finden, gestaltet sich allerdings
schwierig» gibt GMD Bosch zu bedenken. Allerdings rechtfertigt Bosch auch
die teilweise teuren Verpflichtungen weltbekannter Chöre wie «Segakoor
Noorus» aus Estland, «Oreya» aus der Ukraine oder «Tel Aviv Chamber
Choir» aus Israel: «Wir wollen ein internationales Festival und das geht
nur mit internationalen Größen. Dabei legen wir großen Wert auf
Qualität und die hat ihren Preis. Ich denke, die Symbiose zwischen Spitze
und Breite ist uns dabei gelungen.» Auf diese Art brachte es das Festival
direkt bei seiner Erstauflage zu deutschlandweiter Beachtung. Und tatsächlich
waren an diesem Abend keine falschen Töne zu hören, überall blickte man
in glückliche Gesichter. Da verwundert es nicht, dass auch das
«Farewell» auf dem Markt um Mitternacht niemand verpassen wollte.
Publikum
und «Aktive» standen da bunt gemischt und dicht gedrängt. Ein Bild, das
Kaiser Karl so zuletzt wohl nur bei Aufstiegen der Alemannia gesehen hat:
1.500 Chorsänger aus 49 Chören sowie einige tausend Zuhörer stimmten
gemeinsam «Nun leb´wohl, du kleine Gasse» oder «Irish blessing» an.
Und mitten im Getümmel stand singend Ansgar Menze mit Notenblättern um
in den vielstimmigen Chor mit einzusteigen.
Abschließend
galt es noch einen letzten Wunsch des Generalmusikdirektors Bosch zu
erfüllen: ein vielstimmiges «Der Mond ist aufgegangen» bildete den würdigen
Abschluss einer mehr als gelungenen Premiere der «Internationalen
Chorbiennale» die die Initiatoren sicherlich ermutigt, in zwei Jahren
eine Fortsetzung zu präsentieren.
(Quelle: AZ/AN-Artikel
vom 14.06.2009)