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				Glitzernd neue Haut für das „Herzstück“
				
Europa-Saal
      			wieder eröffnet. Sinfonieorchester Aachen unter Marcus R. Bosch 
				spielt Gustav Mahlers „Auferstehungs-Sinfonie“
				
Von Pedro Obiera und Sabine Rother
				
Aachen. 
      			Geschlossene Türen, gespannte Menschen in festlicher Kleidung, 
				Kerzen auf weiß gedeckten Stehtischchen rundum im Foyer, das 
				seiner Neugestaltung noch entgegenblickt, denn zunächst galt es, 
				Kassenbereich und Europasaal nach neuesten technischen 
				Erkenntnissen auszugestalten: Selbst bei denjenigen, die sich 
				bereits an der Baustelle informiert hatten, schlich sich am 
				Samstagabend im Aachener Eurogress so ein Gefühl wie vor der 
				Bescherung an Heiligabend ein. 
				
Erst kurz vor Beginn des großen Einweihungskonzertes öffneten 
				sich die Türen, und man konnte auf sich wirken lassen, was das 
				Büro für Innenarchitektur Klein/Haller aus Mönchengladbach aus 
				dem bisherigen Saal gemacht hat – zunächst optisch, dann 
				akustisch. Zum Auftakt hatte Aachens Generalmusikdirektor Marcus 
				R. Bosch beziehungsreich Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 2 c-Moll, 
				die „Auferstehungs-Sinfonie“, ausgewählt. 
				
Die neue Haut des Saales, wie Bert Haller die Flächen aus 
				gewölbten glitzernden Metall-Paneelen nennt, wirkt beim ersten 
				Hinschauen machtvoll archaisch und bestimmt durch starke 
				Dominanz das Raumgefühl. In ihrer grauen „Stapel-Architektur“ 
				lösen die Elemente so etwas wie ein „Höhlengefühl“ aus, doch 
				sobald die an diesem Abend noch vorsichtig agierende 
				Lichttechnik die ersten Wechselspiele wagte, veränderte sich die 
				Optik. Die schlichten Leuchten in Tellerform über den Köpfen der 
				Zuschauer wirken leicht, sind variabel und geschickt angeordnet. 
				
Noch bevor das erste Motiv der Sinfonie erklang, übernahm Eugen 
				Rinder, Geschäftsführer des Eurogress, die Begrüßung im „Herzstück“ 
				seines Hauses. „Jetzt weht hier der Geist des Aufbruchs und der 
				Veränderung.“ Man gehe optimistisch in eine Zukunft, in der es 
				auch gelte, den Wirtschaftsstandort Aachen zu stärken.
				
Während ihm Oberbürgermeister Jürgen Linden am Rednerpult folgte, 
				wechselte die Farbstimmung – ein zartes Violett glänzte an den 
				Wänden. Und im Laufe des Abends konnte man hier noch helles 
				Gelb, magisches Grün zu roten Leuchten und lilafarbenen Schatten 
				auf den Wänden erleben. 
				
Nach den Reden durfte dann bei Gustav Mahlers Musik die neue 
				Saal-Akustik, erarbeitet vom Büro für Bautechnik und Bauphysik 
				Graner + Partner aus Bergisch Gladbach, erprobt werden. 
				
Trocken und nüchtern, extrem nachhallarm, dafür aber sehr 
				transparent: Der Umbau des Europa-Saales führte zu einer 
				klanglichen Umorientierung. Der Raum kommt vor allem Musikern 
				mit einem analytischen Verständnis entgegen, die den Notentext 
				mit lupenreiner Genauigkeit entfalten wollen und können. Wer die 
				weihevolle, blühende Aura eines Klangtempels sucht, zieht den 
				Kürzeren. Für einen Multifunktionsraum hat man einen 
				vertretbaren Kompromiss gefunden, mit dem auch der Klassik-Freund 
				leben kann. 
				
Der Saal verzeiht nicht die kleinste musikalische Ungenauigkeit. 
				Keine noch so kleine Schliere geht verloren. Ein Umstand, der 
				den Ehrgeiz der Musiker noch verstärken könnte und dem Bosch 
				ohne Nervosität begegnen kann. Von einigen Intonationstrübungen 
				in den heiklen Fernorchestern des Schlusssatzes abgesehen gab es 
				am orchestralen Niveau der „Auferstehungs-Sinfonie“ kaum etwas 
				auszusetzen. Das Aachener Sinfonieorchester präsentierte sich 
				als Mahler-Ensemble mit einer Brillanz, Schönheit und Opulenz, 
				wie man sie unter Boschs Vorgängern lange nicht hören konnte. 
				
Gigantisches Finale 
				
Einwände betrafen mehr die Lesart Boschs, der ein geschöntes, 
				harmonisiertes Klangbild anstrebte und die hintergründigen 
				Verweise auf drohende Katastrophen oft überspielte. Am 
				extremsten schlug sich diese Einstellung im zweiten Satz nieder, 
				den Bosch als ungetrübtes Ländler-Idyll zelebrierte und die 
				Brüchigkeit der (schein-)heilen Welt vernachlässigte. Doch auch 
				die schärfer auskomponierten Risse in Antonius’ Fischpredigt des 
				folgenden Satzes wirkten ebenso domestiziert wie die Ein- und 
				Ausbrüche in der Apokalypse des gigantischen Finales. Dass der 
				abschließende Auferstehungs-Hymnus mit ungebrochen 
				optimistischer Inbrunst deklariert wurde und nichts von Mahlers 
				permanenten Todesängsten spüren ließ, verwunderte nicht 
				angesichts dieser orchestral hochwertigen, gestalterisch aber 
				etwas eindimensionalen Interpretation. 
				
Für die kleine Chorpartie fanden sich Mitglieder aus neun 
				Aachener Chorvereinigungen zum Gustav-Mahler-Chor unter der 
				Federführung von David Marlowe zusammen. Die Kostprobe weckte 
				Neugier auf vielleicht größere Projekte. Die Solistinnen Carola 
				Höhn (Sopran) und Anke Vondung (Mezzosopran) rundeten die 
				erfreuliche Gesamtleistung würdig ab. 
				
      			Nach dem Konzert wurde fröhlich bei feinen Häppchen vom üppigen 
				Büfett auf die Neueröffnung angestoßen.
				
				
				Premiere im umgebauten Europa-Saal: Marcus R. Bosch mit dem 
				Sinfonieorchester Aachen. Im Hintergrund neue Akustik-Elemente.  Foto: Ralf Roeger
				
 
				
(Quelle: Aachener Nachrichten vom 19.09.2005)